Stellungnahme zur Alimentation kinderreicher Beamtenfamilien
Liebe Mitglieder, liebe Gäste unserer Seite!
Von Mitgliedern und auch Vorstandsfreunden wurden wir noch rechtzeitig vor Ablauf des Jahres 2022 auf die Aktivitäten des Gesetzgebers aufmerksam gemacht, welche unser Augenmerk erfordern.
Grundsätzlich folgt der Gesetzgeber mit der Novelle zum Landesbeamtenbesoldungs- und versorgungsgesetz seiner Pflicht, die Alimentation (standesgemäße Versorgung) der Landesbeamten und hierzu gehören Kommunalbeamte incl. kommunaler Wahlbeamten, den allgemeinen Verhältnissen anzupassen. Der Art. 33 GG stellt hierzu die Grundlage dar und der letzte Tarifabschluss im öffentlichen Dienst dient als Maßstab.
Wie allgemein bekannt und bedauert, ist die Föderalismusreform und die Zuständigkeit der Länder für uns eine beamtenrechtliche Katastrophe. Da nachteilige Regelungen im reformierten Grundgesetz auch im Falle des Katastrophenschutzes bemerkt und hinterher wieder gegenreformiert wurden, hat die FAZ dies zum Bonmot erhoben.
Die Übernahme der tariflichen Steigerung erfolgt auch nicht immer eins zu eins – was wünschenswert wäre-, der Landesgesetzgeber möchte gerne sparen und macht hierzu subtile Überlegungen, so auch der Freistaat.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG v. 4.5.2020 AZ: 2 BvL4/18 und 2 BvL 6/17) hat sich auch auf Grund eines Vorlagebeschlusses des VG Chemnitz (vom 8.11.2018 AZ: 3 K 2000/15, § K 3103/17) zum Abstandsgebot und zur Mindestversorgung in Relation zur Grundversorgung (115%) geäußert. Dabei ging es um das dritte und jedes weitere Kind eines Beamten.
Grundsätzlich ist die Alimentation eines Beamten im jeweiligen Rang, also die standesgemäße Versorgung, traditionell an den Bedürfnissen eines Alleinverdienerhaushaltes mit 2 Kindern orientiert, unabhängig von den aktuellen und modischen Gender- und Lebensmodellen. Hat ein Beamter also 3 oder mehr Kinder, die es zu versorgen gilt, muss ihn der Dienstherr dafür besser stellen, denn der Beamte ist nicht verpflichtet, die weitere Kinderschar aus der standesgemäßen neutralen Besoldung zu bestreiten, also Substanz aufzuzehren. Diese Rechtsauffassung ist sehr beamten- und kinderfreundlich!
Der Freistaat will zwar die Forderungen des BVerfG im Prinzip durch Nachzahlungen erfüllen, beschränkt diese aber auf die Fälle, in denen der Beamte eine alimentationsgerechte Besoldung eingefordert hat, z.B. durch Widerspruch oder Klage gegen die zu geringe Besoldung, zudem im jeweiligen Jahr.
Wer ohne Rechtsbehelf zu erheben auf die rechte oder gerechte Behandlung vertraut hat, ist bei der Nachzahlung, d. h. hier der Nichtnachzahlung der „Dumme“.
Hinsichtlich des Besoldungsjahres 2022 besteht noch bis Jahresende die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen.
Der DGB Sachsen hat dazu auf seiner Homepage ein Formular erarbeitet und bereitgestellt. Außerdem wurde aus der Sicht des DGB die Rechtslage dargestellt. Link: Widerspruch bis zum Jahresende einlegen – Ansprüche zur amtsangemessenen Alimentation sichern | DGB Bezirk Sachsen
Für die Kommunalbeamten und Kommunalen Wahlbeamten ist zu beachten, dass der Widerspruch gegen die jeweilige Dienstherrin, also die Kommune, der Du selbst als Chef/in vorstehst, zu richten ist. Bitte beachten, dass das Formular nicht einfach bei der Adressierung übernommen wird.
Bei rechtsethischen Bedenken sei an das „Theater“ bezüglich des Weihnachtsgeldverzichtes in der Vergangenheit erinnert. Hier war allerdings der Freistaat so fair, dass er auch für diejenigen eine Nachzahlung anordnete, die keinen Rechtsbehelf gegen die ursprüngliche Weihnachtsgeldstreichung eingelegt hatten.
Als Vorbildfunktion der Bürgermeister/innen zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen (speziell der kommunalen) hatte unserer Verein damals aktiv darauf gewirkt, gegen die Kürzung des Weihnachtsgeldes durch Besoldungsgesetz nicht durch Anfechtung des Besoldungsbescheides vorzugehen. Nachdem sich aber herausgestellte, dass sich außer uns niemand an die Sparvereinbarung gehalten hatte (Tarifpartner haben Weihnachtsgeld doch wieder eingeführt), waren wir blamiert. Aus Schaden wird man klug.
Im vorliegenden Falle kann die Geschäftsstelle daher zum Thema Widerspruchseinlegung keine allgemeine Empfehlung aussprechen. Bei mehr als 2 Kindern dürfte die Zweckmäßigkeit eines Rechtsbehelfes aber evident sein.
gez.
Heinrich Kohl
Oberbürgermeister
Vorsitzender