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Rückblick & Ausblick

Rückblick und Ausblick
Oberbürgermeister Dr. Hans-Christian Rickauer
 

Das 10-jährige Bestehen des Vereins sächsischer Bürgermeister ist sicher Anlass zugleich auf 10 Jahre erfolgreiche Entwicklung der sächsischen Städte und Gemeinden zu verweisen. Gemeinsam mit den Stadt- und Gemeinderäten ist das vor allem dem Einsatz und Engagement der sächsischen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zu verdanken.
10 Jahre Verein sächsischer Bürgermeister bringt aber gerade auch die persönlichen und beruflichen Probleme der Männer und Frauen ins Blickfeld, die als Bürgermeisterinnen und Bürgermeister seit 1990 kommunalpolitische Verantwortung übernommen haben.

 

Am 06. Mai 1990 fanden in der damaligen DDR die ersten freien Kommunalwahlen in Sachsen seit Machtübernahme der Nationalsozialisten statt. Am 17. Mai 1990 wurde mit der Kommunalverfassung der DDR die kommunale Selbstverwaltung wieder eingeführt. In den nächsten Wochen wählten die Stadt- und Gemeindeparlamente ihre Bürgermeister.

 

Nur wenige der Gewählten hatten eine klare Vorstellung, welche persönlichen und beruflichen Konsequenzen die Annahme der Wahl für sie bedeutete. Sie kamen entweder aus Berufen, die mit Kommunalpolitik nicht in Verbindung standen oder waren mitunter Bürgermeister kleinerer Gemeinden, die sich auch unter der SED- Herrschaft unkonventionell für die Interessen ihrer Einwohner eingesetzt hatten. Allen gemeinsam war, dass keiner Erfahrungen besaß, was Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung in einem freiheitlich- demokratischen Rechtsstaat und unter den Bedingungen einer sozialen Marktwirtschaft bedeutete. Weiter war allen gemeinsam, dass sie bereit waren, sich selbstlos bei der Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse zu engagieren.

 

Die ersten beiden Jahre brachten für viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aber nicht nur die Freude, gemeinsam mit ihrem Rat Erfolge bei der Entwicklung ihrer Städte und Gemeinden zu erreichen.
Daneben gab es auch die Erfahrung von kleinlichem Streit, Missgunst und Schuldzuweisungen für Defizite und Enttäuschungen. Ich will an dieser Stelle nur an die nicht geringe Zahl der Abwahlen von Bürgermeisterkollegen in Sachsen vor allem in den Jahren von 1991 und 1992 erinnern. Auf Grund mangelnder Festlegungen in der mit heisser Nadel gestrickten Kommunalverfassung von 1990 erinnerten diese Abwahlen mitunter eher an die Willkür revolutionärer Wirren als an ein rechtsstaatliches Verfahren. Persönlich bedeutete das für manchen Bürgermeisterkollegen, der ein oder zwei Jahre zuvor seinen ursprünglichen Beruf aufgegeben hatte, geradezu eine persönliche Katastrophe.

 

In dieser Zeit wuchs bei vielen das Bewusstsein, dass im Hinblick auf Familie und die eigene Zukunft berufsständische Fragen klare Regelungen und die Bürgermeister einer Interessenvertretung bedürften. Diese und andere Erfahrungen führten dazu, dass es mit Unterstützung des Sächsischen Städte- und Gemeindetages und des Verbandes Baden-Württembergischer Bürgermeister im Dezember 1991 in Aue zur Gründung des Vereins sächsischer Bürgermeister kam.

In den Folgejahren galten die Aktivitäten unseres Vereins in vielfacher Hinsicht der Wahrnehmung legitimer berufsständischer Interessen seiner Mitglieder in enger Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Städte- und Gemeindetag. Ein entscheidender Gesichtspunkt war, im Rahmen einer neuen Gemeindeordnung die berufliche Stellung des Bürgermeisters so zu sichern, dass eine ausreichende Zahl geeigneter Persönlichkeiten sich mit diesem Berufsbild identifizieren könnten und folglich dadurch bereit wären, sich bei Wahlen als Bewerber zur Verfügung stellen. Grundsätzlich ist das mit der am 01. Mai 1993 in Kraft getretenen Gemeindeordnung gelungen, wenngleich nicht verschwiegen werden soll, dass unser Verein für eine Verbesserung und Novellierung der Gemeindeordnung in den letzten Jahren mehrfach Vorschläge und Anregungen eingebracht hat.

 

Lassen Sie mich im Rückblick auf die vergangenen Jahre weitere Aktivitäten unseres Vereins nur stichwortartig und auszugsweise aufzählen:

  • Die Novellierung der Kommunalbesoldungsverordnung, die nach 1994 zunächst für viele Bürgermeisterkollegen eine finanzielle Schlechterstellung gebracht hatte
  • die vollständige Anerkennung von Dienstzeiten der Bürgermeister, die durch freiwillige Regelungen bei der Gemeindegebietsreform ihre Dienstzeit unterbrochen hatten
  • Bemühungen um die Novellierung des Kommunalwahlgesetzes, damit sich, wie in einigen anderen Bundesländern üblich, Amtsinhaber ohne Unterstützung durch Parteien oder Unterschriften wiederbewerben können
  • Informationsveranstaltungen für Bürgermeister mit dem Kommunalen Versorgungsverband, um Entscheidungshilfen bei persönlichen versicherungsrechtlichen Fragestellungen zu geben
  • gemeinsame Erörterungen mit dem SMI und SMJ zu Fragen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unter besonderer Berücksichtigung von Prävention
  • Anrechnung von Dienstzeiten als Angestellter für die Berechnung der Versorgungsbezüge sowie die Beseitigung weiterer Ungleichheiten zwischen kommunalen Wahlbeamten in den alten Bundesländern und den ostdeutschen Bürgermeistern, die im Angestelltenverhältnis ihr Amt ausübten.
  • Unterstützung bei der beruflichen Neuorientierung nach nicht erfolgter Wiederwahl

 

1990 betraten viele, die sich zur Wahl stellten, berufliches Neuland. Heute ist das Amt des sächsischen Bürgermeisters mit einem klaren Berufsbild verbunden. Als Kommunalpolitiker ist er direkt von den Bürgern gewählt und leitet den Stadtrat und die beschließenden Ausschüsse. Er weiß sich als unmittelbar von der Bevölkerung Gewählter weniger den politischen Sonderinteressen von Parteien und Fraktionen verpflichtet als vielmehr dem unmittelbaren Wohl seiner Stadt und ihrer Bürger. Zu dem hat er Kraft Gesetz mit den Weisungsaufgaben und den Geschäften der laufenden Verwaltung einen von anderen kommunalpolitischen Entscheidungsträgern unbeeinflussten eigenen Geschäftsbereich. Somit sind ihm umfassende kommunalpolitische Gestaltungsspielräume in die Hand gegeben. Als Chef der Verwaltung mit uneingeschränkter Weisungsbefugnis verfügt er zudem über das notwendige Instrumentarium, um Entscheidungen effizient und zweckmäßig vorzubereiten und umzusetzen.

 

Zu dieser Entwicklung hat unser Verein einen entscheidenden Beitrag geleistet. Wir verstehen den Beruf des Bürgermeisters als Dienst am Wohle der Bürger. Diesen können die Amtsinhaber aber nur leisten, wenn sie in ihrer persönlichen Stellung materiell und rechtlich gesichert sind und in der Ausübung ihres Berufes Erfüllung finden. Diesem Ziel diente und dient die Tätigkeit unseres Vereins.